Es gibt Tiere, die leben wie selbstverständlich unter uns. Wir streifen durch die Wälder und sehen mit viel Glück ein Reh, einen Hirsch oder in der Stadt sogar mal einen Waschbären. Von anderen Wildtieren haben wir schon einmal gelesen und wissen auch, dass sie Teil der europäischen Artenvielfalt waren, auf Grund intensiver Bejagung und der Verkleinerung vieler Lebensräume aber nicht mehr Teil der hiesigen Fauna sind. Dazu zählen in Deutschland zum Beispiel Elch, Braunbär oder Wisent. Wiederum andere Tiere erobern sich zunehmend ihren Platz zurück oder kommen auf ganz eigenartige Art und Weise nach Europa. Ein Paradebeispiel dafür sind die einzigen freilebenden Affen in Europa; die Berberaffen auf Gibraltar.
Gibraltar, Gibraltar... Wo liegt das gleich?
Doch bevor wir uns mit den Affen befassen, müssen wir erst einmal darüber sprechen, wo Gibraltar eigentlich liegt. Gibraltar, davon haben viele sicherlich schon einmal gehört - irgendwo im Süden, irgendwo bei Spanien. Um den Status von Gibraltar aber erklären zu können, hilft ein tieferer Blick in die Geschichte, denn wie so oft in Europa wurde auch auf und um Gibraltar jahrhundertlang gekämpft. Die Straße von Gibraltar, die direkt "vor der Haustür" liegt, verbindet das Mittelmeer mit dem Atlantik und ist für viele Militärs von wichtiger Bedeutung. Neben dem Habsburgern, den Spaniern, den Deutschen im 20. Jahrhundert, erhoben auch die Briten immer wieder Anspruch auf das kleine Stückchen Land am südwestlichen Ende Spaniens. Heute ist Gibraltar ein Überseegebiet Großbritanniens und untersteht damit der britischen Krone.
Wie immer ist der Mensch die Ursache!
Doch was genau machen nun Affen auf dem europäischen Kontinent? Sind diese nicht eigentlich in Afrika zu Hause? Ja und nein, denn wie bei vielen Geschichten, hat selbstverständlich der Mensch seine Finger im Spiel. Heutzutage gibt eigene Legenden, die sich rund um die Ansiedlung der Makaken ranken. Die abenteuerlichste Legende besagt, dass sie aus ihrem Herkunftsland Marokko durch einen unterirdischen Tunnel gekommen sind, der in der weltberühmten St. Michaels Cave-Höhle endet und unter der Meerenge von Gibraltar durchführt. An ihrer kleinsten Stelle ist die Straße von Gibraltar lediglich kurze 14km lang.
Fossile Funde belegen, dass es bereits vor Jahrhunderten Berberaffen auf Gibraltar gab. Weswegen eine weitere Legende besagt, dass Gibraltar an Spanien fällt, wenn die Affen irgendwann einmal verschwinden sollten. Rund um den 2. Weltkrieg kam es tatsächlich zu einer deutlichen Verkleinerung der Population, weswegen Sir Winston Churchill persönlich veranlasste, dass weitere Tiere aus Marroko angesiedelt werden. Heute leben etwa 200-250 Tiere auf der Halbinsel und Gibraltar weiter in britischer Hand.
Abgesehen von der bewussten Aufstockung der Population Mitte des 20. Jahrhunderts kamen die Berberaffen wahrscheinlich mit Handelstreibenden während der arabischen Herrschaft zwischen dem 7. und 15. Jahrhundert nach Europa. Nach unserer heutigen Definition von "heimischen" Wildtieren würde man Berberaffen sogar dazuzählen. Als Grenze wird oft die Entdeckung Amerika durch Christopher Columbus genommen, der von seinen Expeditionen viele Tier- und Pflanzenarten nach Europa brachte.
Was lustig aussieht kann auch gefährlich werden.
Sicherlich wirkt es immer etwas süß und niedlich, wenn sich wilde Tiere dem Mensch nähern. Nicht selten machen diese durch bettelnde Gesten auf sich aufmerksam um einem Bedürfnis nachzugehen. Jedoch ist es in Deutschland, wie auf Gibraltar illegal, Tiere zu füttern. Doch warum eigentlich? Hintergrund ist oft die Art des Futters, das den Tieren vor die Füße gelegt wird. Dieses ist oft unnatürlich und mit vielen Zuckern und Salzen versetzt. An dieser Stelle hilft eine Selbstreflexion zum Menschen. Wie geht es euch, wenn ihr in eine Tüte Chips greift? Richtig, ihr greift in der Regel erneut hinein. Wir Menschen besitzen jedoch eine gewisse Vernunft irgendwann einmal aufzuhören. Tiere besitzen diese Vernunft nicht und begeben sich so in eine folgenschwere Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit kann die Tiere bis hin zu schweren Krankheiten führen. Um einen Großteil der Lebensmittelverarbeitung kümmert sich beim Menschen unsere Leber und das Verdauungssystem. Gerade bei Säugetieren funktioniert die Verdauung und Verarbeitung grundlegend ähnlich, jedoch gehen die Organe der Tiere anders mit den enormen Mengen an Zusatzstoffen um. Organschäden können nur eine Folge sein.
Ein besonders trauriges Beispiel ist eine vorkommende "Alkoholsucht" mancher Berberaffen. Über die vielen Generationen auf der Halbinsel haben die Tiere begriffen, dass aus den Scheibenwischern der Autos alkoholhaltige Flüssigkeiten kommen, die eigentlich dazu dienen, Scheiben zu reinigen. Immer wieder werden Tiere dabei beobachtet, wie sie sich an der Scheibenwischeranlage zu schaffen machen und versuchen die alkoholhaltige Reinigungsflüssigkeit zu konsumieren.
Wer sich wohlfühlt, der vermehrt sich
Wie auch bei uns Menschen, sorgt auch bei den Berberaffen ein gewisser Wohlstand für ein gutes Allgemeinbefinden. Zur Klarstellung: Nicht jeder Affe ist keks- und/oder alkoholsüchtig. Feinde, außer dem Menschen, gibt es für die Affen auf Gibraltar dennoch nicht. Natürliche Feinde wären große Raubkatzen und Greifvögel für jüngere Tiere. Letztere lassen sich auf Grund der vielen Touristen nur selten an den Felsen blicken.
Für die entspannte Nahrungsaufnahme ist also gesorgt, denn Touristen und Einheimische sorgen ganzjährig für eine Sättigung der gesamten Kolonie. Entsprechend fleißig kann auch für Nachwuchs gesorgt werden. Vorrangig verpaaren sich die Weibchen mit den höhergestellten Männchen, obwohl sich vielfach auch weitere männliche Tiere eines Verbundes fortpflanzen. Berberaffen nehmen es mit der Treue und Monogamie ohnehin nicht allzu genau. Das sorgt auf der einen Seite für reichlich Nachwuchs, auf der anderen Seite aber auch dafür, dass sich auch die Männchen um die Aufzucht der Jungtiere kümmern.
Leider ist ihr Lebensraum jedoch sehr beschränkt. Ihr Dasein auf der Halbinsel verhindert eine Verpaarung mit anderen wildlebenden Familienverbänden außerhalb des kleinen Landes. Entsprechend klein bleibt der Genpool für folgende Generationen. Auswirkung auf die langfristige Evolution der Berberaffen? Ungewiss.
Zweifelsfrei sind die Berberaffen auf Gibraltar ein absolutes Highlight für jeden der Wildtiere sehen möchte. Auch landschaftlich hat das kleine Land eine Menge zu bieten, doch einmal mehr stellt sich jedoch die Frage, wie stark der Mensch in die Natur eingreifen sollte, um touristisch attraktiv zu sein. Beenden wir den Artikel mit einem positiven Fazit: Für schöne Fotomotive gibt es eine Garantie!
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