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AutorenbildMarco Papajewski

Der Waschbär - Ein Schlitzohr mit Maske

Aktualisiert: 27. März

Kaum ein Tier polarisiert so sehr, wie der Waschbär. Für die einen ist er der Inbegriff der Niedlichkeit, ein kleines dickes Fellknäuel mit großen Knopfaugen, dem man nichts Böses wünscht. Anderen wiederum ist der Neubürger aus Nordamerika ein Dorn im Auge. "Zerstörer der heimischen Fauna" und "Wüterich in der ruhigen Gartenanlage" nennt man ihr. Doch was sagen eigentlich die Fakten und was ist nicht mehr als ein Mythos?

Wie der "Nazi-Racoon" nach Deutschland kam

Beginnen sollte man mit Frage, wie sich Waschbären in Deutschland ansiedeln konnten, denn wie so oft im 20. Jahrhundert war auch hier der Mensch für einen den Eingriff in die Natur verantwortlich.

Nicht selten stolpert man bei der Recherche über Quellen, die in Erfahrung gebrachten haben wollen, dass Hermann Göring (ab 1935 Oberbefehlshaber der Luftwaffe im deutschen Reich) persönlich für die Ansiedlung des Waschbären gesorgt hat. Angeblich habe der begeisterte Jäger neue Jagdtrophäen gesucht.

Doch diese Fabel kann mittlerweile ins Reich der Märchen verschoben werden, denn die damalige Reichsleitung sah durchaus schon damals bedenken für die heimische Faune und untersagte hessischen Jägern die Ansiedlung invasiver Arten. Diese wollten jedoch nicht bis zur Genehmigung warten und siedelten auf eigene Faust zwei Pärchen am Edersee an.

Heute stammen fast alle europäischen Waschbären von diesen beiden Paaren ab, die im Jahr 1934 in der wasserreichen Region in der Nähe von Kassel ausgesetzt wurden.


Steigende Populationszahlen bis heute

Wie viele Waschbären heutzutage in Deutschland verbreitet sind, lässt sich schwer schätzen, auch weil zur Ansiedlung im Jahr 1934 und der daraus resultierenden Ausbreitung noch ein weiteres Ereignis maßgeblich zu steigenden Populationszahlen beitrug.

Bis ins 20. Jahrhundert war das Fell der Waschbären äußerst beliebt und so wurden die putzigen Tiere in gesonderten Farmen gezüchtet. Aus ihnen wurden Fälle, Mäntel oder Mützen hergestellt. Zum Ende des 2. Weltkrieges im Jahr 1945 entwichen etwa zwei Dutzend Waschbären aus einer Pelzfarm in Wolfshagen, bei Straußberg in Brandenburg. Ob die Pelzfarm durch Bomben zerstört wurden oder man die Tiere absichtlich in die Natur entließ, lässt sich heute nicht mehr abschließend klären.

Bis heute lässt sich auf Grund parasitologischen Untersuchungen (Waschbärspulwurm) jedoch immer noch feststellen, ob ein Waschbär seine genetischen Wurzen in Mittel- oder Ostdeutschland hat.

Je nach Quellen gehen Jagdverbände heut von einer Population von über 1.3 Millionen Tieren aus. Diese Zahlen könnten jedoch gerade von Organisationen künstlich erhöht werden, die dem Waschbär nicht wohlgesonnen gegenüber stehen. Lediglich die durch Jäger erschossenen Waschbären lassen sich mit 200.000 Tieren pro Jahr beziffern; Tendenz steigend.

Pro und contra Waschbärjagd

Neben vielen Jägern und Förstern sind auch viele Naturschützer der Ansicht, dass die als unkontrolliert zu bezeichnende Ausbreitung negative Auswirkungen auf das Ökosystem der deutschen Wälder habe und fordern daher eine Bejagung. Als Hauptargument wird angeführt, dass der Waschbär heimische Tierarten verdränge und schädige. Als extremstes Beispiel sei hier eine Vogelkolonie am Gülper See in Brandenburg erwähnt. Von einst 800 Kormoran-Brutpaaren finden sich heute allerhöchstens einzelne Tiere, die hier noch ihre Brut groß ziehen. Auch bei anderen Vogelarten ist ein teilweiser Bestandsrückgang in Gegenden mit einem hohen Waschbäraufkommen zu verzeichnen.

Waschbärenforscher widersprechen dieser Auffassung jedoch. So gebe es durch das Fehlen natürlicher Feinde im europäischen Raum alleine noch keinen Grund eine intensive Jagd zu rechtfertigen. Auch in nordamerikanischen Verbreitungsgebieten spiele das Fehlen natürlicher Feinde keine entscheidende Rolle als wesentliche Ursache für den Rückgang örtlicher Vogelpopulationen.

Populationsökologisch hat sich zudem gezeigt, dass Bejagung oder Fang mit dem Ziel, die Populationsdichte zu reduzieren, zumeist ohne Erfolg bleibt: Waschbären können Populationsverluste durch eine vermehrte Fortpflanzungsrate ausgleichen.

Ein Liebesakt über mehrere Tage

Wie bei manchen Säugetiere beginnt die Paarung frühzeitig im Jahr. Die Waschbären tun dies zumeist schon im Februar. Die Tiere können somit sicherstellen, dass die Aufzucht nicht mit dem nächsten Winter zusammenfällt und der Nachwuchs mit möglichst guten Voraussetzungen durch den ersten Winter kommt.

Wird ein Weibchen nicht trächtig oder verliert seine Jungen während der Schwangerschaft, kann es im Frühling oder Frühsommer erneut empfängnisbereit sein. Zur Paarungszeit ziehen die Männchen in ihren Streifgebieten rastlos umher und umwerben die an einigen Sammelplätzen zusammenkommenden Weibchen, deren drei- bis viertägige Empfängnisperioden zeitlich zusammenfallen. Die eigentliche Paarung der Waschbären kann sich dabei über mehrere Nächte erstrecken. Geprägt sind die einzelnen Phasen von langen Vorspielen und vielen Ruhephasen. Die meisten Weibchen lassen sich dabei nur von einem Männchen begatten.

Langes oder kurzes Leben? Oft entscheidet der Zufall!

Waschbären können bis zu 16 Jahre alt werden. Viele von Ihnen schaffen jedoch nur wenige Jahre, sofern sie den ersten Winter überhaupt überstehen. Statistiken zeigen, dass gerade einmal die Hälfte aller neugeborenen Waschbären den ersten Geburtstag erreichen. Unterschieden werden muss hier jedoch klar zwischen Populationen, die auf dem Land und solchen, die in der Stadt vorkommen. Ein erhöhtes Nahrungsvorkommen, sowie andere klimatische Voraussetzungen können die Überlebenschancen junger Waschbären deutlich erhöhen.

Überleben junge Waschbären das erste Lebensjahr, fällt die Todesrate auf 10 bis 30 Prozent. Eine der häufigsten natürlichen Todesursachen für junge Waschbären, abgesehen vom Tod ihrer Mutter in den ersten Lebenswochen, ist das Verhungern während des ersten Winters, gerade wenn dieser besonders kalt und lang ist. Einen Winterschlaf hält der Waschbär nicht.

Zu den Todesursachen, die gerade Tiere in der Stadt befallen können zählt die Staupe und die Fuchsräude (Artikel: Der Rotfuchs).

In Gebieten mit viel Straßenverkehr und solchen, in denen Waschbären flächendeckend bejagt werden, können diese beiden Todesursachen für bis zu 90 Prozent aller Todesfälle erwachsener Waschbären verantwortlich sein.

Natürliche Feinde hat der Waschbär kaum. Luchse, Schakale, Wölfe und/oder Uhus spielen keine entscheidende Rolle als Todesursache, zumal größere Räuber in vielen Gebieten Deutschlands noch immer in zu kleiner Anzahl vorkommen.

 
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